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Abaelard Heloïsa

Heloïsa und Abaelard - Ein Leben zwischen Vernunft und Liebe im 12. Jahrhundert

Heloïsa: Eine der klügsten und gebildetsten Frauen der Epoche, erst Geliebte, dann heimliche Ehefrau, von ihrem Mann ins Kloster verbannt, schließlich Gründungsäbtissin eines Frauenordens...

Peter Abaelard: Umstrittener Philosoph und Theologe des 12. Jahrhunderts, zunächst gefeiert, dann wegen seines Hochmuts gehasst und um der Liebe willen durch Entmannung bestraft, wegen seiner Lehren von Bernhard v. Clairvaux und dem orthodoxen Klerus verfolgt, schließlich vom Papst zu dauernder Klosterhaft und ewigem Schweigen verurteilt...

Beide: Nach kurzem Glück ein Leben lang getrennt und dennoch ein Herz und eine Seele, bis über den leiblichen Tod hinaus. Ein Paar von einer derartigen Intensität der Gedanken und Gefühle, dass ihm kein zweites je gleichgekommen wäre...

Vorwort

Nur Fachwissenschaftler beschäftigen sich in unserer Zeit etwas intensiver mit Heloïsa und Peter Abaelard. In der breiten Öffentlichkeit weiß dagegen kaum noch jemand um die Schicksale dieser Schwellenmenschen und um die Aufbruchstimmung in jenem 12. Jahrhundert, das nicht ganz zu Unrecht auch Renaissance des Mittelalters genannt wird.

Ist es heute allgemein bekannt, dass es die originäre Leistung Peter Abaelards war, Theologie erstmalig als wissenschaftliches Arbeitsprogramm aufzufassen? Sind die unzähligen Akademiker in aller Welt darüber informiert, dass er als Begründer der Universität gelten darf? Kennt man die bahnbrechende Gesinnungsethik des Paares, welche die individuelle Gewissensentscheidung über alle starre Dogmatik stellte? Hat man Kenntnis vom im Dialog entwickelten Modell des Miteinanders der Geschlechter und Generationen, in einem Leben für und hin zu Gott? Und wer kennt schon Abaelards Utopie des friedlichen Miteinanders der Religionen im Ringen um den wahren Glauben, entwickelt noch vor den Gräueln des Hochmittelalters und der Neuzeit, vor den Glaubenskriegen, den Judenpogromen und der Inquisition?

Beide - Heloïsa und Peter Abaelard - dachten voraus. Aktiv und kritisch setzten sie sich mit ihrer Zeit und den sie bewegenden geisteswissenschaftlichen Strömungen auseinander. Gemeinsam entwickelten sie in Philosophie und Theologie Ansätze und Ideen, die zum Teil erst Jahrhunderte später - zum Beispiel von Kant oder Leibnitz - zu Ende gedacht wurden. Peter Abaelard baute den Großteil seines Lehrgebäudes auf diesen dialogisch entstandenen Modellen auf. Im realen Leben jedoch scheiterte er: So schillernd sein Lebenslauf auch wirkt, im Grunde genommen ist er nichts anderes als eine ununterbrochene Abfolge von Katastrophen und Niederlagen. Die meisten Zeitgenossen verstanden Peter Abaelard nicht; einige machten ihn am Ende mundtot. So blieben seine Lehren in einer unbarmherzigen und ungerechten Anonymität: Namhafte Theologen und Philosophen - selbst so berühmte wie Petrus Lombardus oder Thomas von Aquin - übernahmen seine Methodik und Lehren, aber keiner von ihnen hat ihn je zitiert.

Heloïsa wurde als Frau bis in jüngste Zeit hinein a priori keine geisteswissenschaftliche Bedeutung beigemessen. Wer sich aber etwas näher mit den Gedanken und der Lebensleistung dieser Frau auseinandersetzt, wird erkennen, wie Unrecht man ihr damit tut. Das Werk des Philosophen und Theologen Peter Abaelard hätte bei weitem nicht den unschätzbaren Wert, wenn es nicht so faszinierend mit seiner tragischen Liebesbeziehung zu Heloïsa verwoben wäre: Beide - Heloïsa und Abaelard - lebten die meiste Zeit ihres Lebens getrennt. Nichtsdestotrotz band sie eine höhere Bestimmung bis zu ihrem Ende aneinander. Was als bloße Leidenschaft begann, mündete schließlich in eine reife Liebesbeziehung, die selbst der Tod nicht zu zerstören wusste.

Abaelards Lebensbeschreibung, die sich wie ein Kriminalroman liest, und eine Handvoll Briefe ermöglichen einen faszinierenden Einblick in die Gefühlswelt dieser liebenden Protagonisten der europäischen Geistesgeschichte. Generationen von gebildeten Lesern ließen sich seit dem 17. Jahrhundert durch sie in den Bann schlagen. Also am Ende nichts anderes als eine herzrührende Romanze? Nein - es handelt sich um viel mehr! Erst aus der Kenntnis des tragischen Prinzips - Vollendung der Liebe im Verzicht - lassen sich die epochalen Theoreme des Philosophen Abaelard auch von ihrer psychologischen Dimension her verstehen. Nur aus der Verbindung von Geist und Seele - animus und anima - heraus konnte derart Großes entstehen!

Diesen Schatz zu heben und möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen, ist das Ziel der vorliegenden Seiten. Sie erfahren eine kontinuierliche Weiterentwicklung, soweit es Zeit, Mittel und Quellenlage gestatten. Ein gewerblicher Einsatz ist selbstverständlich untersagt. Jedoch mag sie jeder Interessent - im Sinne Abaelardscher Gedankenfreiheit - zu privaten Zwecken frei benutzen. Die Inhalte erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder besondere Wissenschaftlichkeit. Eingearbeitet wurden viele Veröffentlichungen aus früherer, aber auch aus jüngerer Zeit. Der Einfachheit und Übersichtlichkeit halber blieben manche Texte und Zitate ohne Quellenangabe oder Literaturvermerk; ein Plagiat war jedoch nicht beabsichtigt. Man mag verzeihen, wenn die eine oder andere Jahreszahl und so manche Aussage umstritten bleibt. Noch immer sind nicht alle biographischen Fakten geklärt und es bleiben eine Menge von Ungereimtheiten, Widersprüchen und offenen Fragen. Um das Dunkel stellenweise etwas zu lichten, wurden zu eigene Recherchen unternommen und eigene Analysen gewagt. Sie erbrachten zum Teil überraschende Ergebnisse. Vereinzelt finden sich auch Beiträge in englischer Sprache. Alles in allem handelt es sich um eine recht subjektive Auswahl an Dokumenten - Primärquellen, Übersetzungen, Aufsätzen, Bildern, Büchern und Bibliographien.

Mag diese lose und keineswegs vollständige Sammlung die Erinnerung an Heloïsa und Peter Abaelard wiederbeleben und dabei einen möglichst großen Interessentenkreis ansprechen. Kritik, Information, Anregungen und Verbesserungsvorschläge sind jederzeit willkommen.

Viel Vergnügen beim Blättern und Nachlesen!
Neustadt, Nov. 2003
Werner Robl


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