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Der Funke Leben

Inhaltszusammenfassung
In Häftling 509 im Konzentrationslager Mellern keimt Hoffnung auf Überleben auf, als die nahegelegene Stadt von alliierten Fliegern bombardiert wird. Es gelingt ihm nach und nach, seine Mithäftlinge im sogenannten "Kleinen Lager", in dem die nicht mehr arbeitsfähigen Häftlinge untergebracht sind, von der Möglichkeit zu Überleben zu überzeugen und sie zum passiven Widerstand anzuregen. Für den Lagerkommandanten Neubauer beginnt jedoch mit dem zunehmenden Heranrücken der Allierten das Auseinanderfallen seiner familiären und auch 'beruflichen' Zusammenhänge. Seine Frau und Tochter zeigen offen ihre Angst und versuchen ihn zur Flucht zu überreden, was Neubauer jedoch verweigert. Im Kleinen Lager sowie im gesamten Konzentrationslager formiert sich immer mehr der Widerstand: Waffenteile werden ins Lager geschmuggelt, Nahrung wird organisiert und gerechter verteilt, für den Untergrund arbeitende Häftlinge werden versteckt und insgesamt wächst in den Häftlingen der (Über-)Lebenswille - 509 nennt seinen richtigen Namen: Friedrich Koller. Neubauer verliert durch die Bombardements fast seinen gesamten, durch 'Arisierungen' gewonnenen Besitz und verzweifelt zunehmend nachdem er von Frau und Tochter verlassen wurde. Kurz vor der Befreiung des Lagers durch die Allierten zünden SS-Mannschaften die Baracken des Kleinen Lagers an und erschießen die fliehenden Häftlinge. 509 kann den Anführer Weber erschießen und stirbt anschließend an seinen eigenen Verwundungen. Das Lager wird befreit und sofort übernimmt die Untergrundbewegung die Lagerverwaltung. Obwohl viele Gefangene mit ihrer neuen Freiheit noch nichts anzufangen wissen, verlassen sie nach und nach das Lager. Neubauer wird von den Allierten gefangen genommen.

Kontext / Analyse
ErichMariaRemarque begann die Arbeiten an Der Funke Leben bereits 1946, vermutlich aufgrund der Berichterstattung in den amerikanischen Medien über die Befreiung der Konzentrationslager 1944 und 1945. Diese Berichte sowie zahlreiche Erzählungen von Überlebenden und Augenzeugen, sowie schließlich Eugen Kogons Buch Der SS-Staat dienten ihm als Quellen für seine fiktive Gestaltung dieses schwierigen Themas. Sicherlich ist auch die Nachricht vom Tode seiner Schwester Elfriede Scholz, die 1943 vom Deutschen Volksgerichtshof hingerichtet wurde, zusätzliche Motivation gewesen - er widmet ihr diesen Roman. Ebenso wie mit den Romanen Zeit zu leben und Zeit zu sterben, Der schwarze Obelisk und dem Theaterstück Die letzte Station verfolgt er mit diesem Roman sein persönliches schriftstellerisches Re-Education-Programm, indem er zum einen einen Teilbereich der nationalsozialistischen Verbrechen fiktiv gestaltet und damit der allgemeinen Tendenz in den fünfziger Jahren, zu vergessen, entgegenzuwirken versucht. Zum anderen warnt er zugleich vor jedem totalitären System und kritisiert somit Faschismus und Kommunismus bzw. Nationalsozialismus und Stalinismus gleichermaßen. Durch die Beschreibung eines einzelnen Schicksals (Häftling 509) versucht Remarque, seinen Lesern die Konsequenzen ihres Handelns zu verdeutlichen:

"Die Menschen müssen sehen und hören, was Einzelnen geschieht, weil ihre Vorstellungskraft den allgemeinen Fakten nicht gerecht wird; sie kann nicht zählen. Eine Katastrophe fordert fünf Millionen Opfer, und das bedeutet nichts - die Zahl ist leer. Aber wenn ich Ihnen einen einzigen Menschen in seiner Vollkommenheit zeige, sein Vertrauen, seine Hoffnungen und seine Schwierigkeiten, und Ihnen dann zeige, wie er stirbt, ist das für immer in ihr Gedächtnis eingeschrieben". (1946)
Wie auch in vielen anderen Texten integriert Remarque in Der Funke Leben seine Erinnerungen an Osnabrück und Umgebung, ohne dabei jedoch ein genaues Abbild zu schaffen. So erinnert der fiktive Name Mellern an die Stadt Melle und den heutigen Osnabrücker Stadtteil Hellern, in denen sich aber nie Konzentrationslager befunden haben. Andererseits finden sich im Roman viele Ähnlichkeiten zum historischen KZ Buchenwald, z.B. die Anordnung und Bezeichnung der Baracken sowie einige beschriebene Vorgänge. Doch für beide Aspekte bleibt zu betonen, daß Remarque historische Begebenheiten und geographische Bezeichnungen in seiner fiktiven Gestaltung einsetzt, so daß ein zwar authentisches aber kein dokumentarisches Bild der Ereignisse entstehen kann. Der Funke Leben gehört nicht nur wegen seines schwierigen Themas, sondern vor allem aufgrund fehlender Bereitschaft in der deutschen Bevölkerung - vor allem in den 50er Jahren -, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen, zu den am wenigsten verbreiteten Werken Remarques. Beginnend mit den Problemen, einen Verleger für das Manuskript zu finden, begann direkt nach Erscheinen eine kontroverse Diskussion um das Buch und den Autor, die u.a. dazu führte, daß noch 10 Jahre nach Erscheinen der deutschen Erstausgabe der Vorschuß, den Kiepenheuer & Witsch Remarque gezahlt hatten, nicht durch die Verkaufseinnahmen abgedeckt war.

(Inhaltszusammenfassung und Analyse mit freundlicher Genehmigung des ErichMariaRemarqueFriedenszentrum)


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