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Gonzales Gallego Ruben

Ruben Gonzalez Gallego, geboren 1968 in Moskau, hat Jura und Anglistik studiert und lebt inzwischen mit seiner Familie in Madrid. Er arbeitet zur Zeit an seinem zweiten Buch, mit Hilfe eines Computers, und mit dem Zeigefinger seiner linken Hand.


Ruben Gonzalez Gallego
Weiß auf Schwarz - Ein Bericht
Biographie, Stichwörter: Kindheit, Mißbildung, Sowjetunion
Schirmer-Graf 2004 (russisch 2002), geb., 224 S.
ISBN 3-86555-004-5, € (D) 17,80 / sFr 32,30

Inhalt: Ruben Gonzalez Gallego wird im September 1968 in der Klinik des Kreml geboren. Seine Mutter, eine Spanierin, wurde dort als Notfall aufgenommen dank ihrer Verbindungen zur geheimen Spanischen Kommunistischen Partei; sie war schwanger mit Zwillingen. Das erste Baby stirbt. Bei der Geburt des zweiten, Ruben, treten Komplikationen auf; seine Beine bleiben gelähmt und die Feinmotorik seiner Hände beeinträchtigt. Zunächst in einem Waisenhaus für Angehörige der kommunistischen Elite untergebracht, beginnt für Ruben ab dem zweiten Lebensjahr eine Odyssee durch Heime für behinderte Kinder; seiner Mutter sagt man, er sei gestorben. Rubens letzte Station 1990 ist ein Altersheim, in dem all die untergebracht werden, die keiner „nützlichen Tätigkeit" mehr nachgehen können. In den Wirren der Perestroika 1990 gelingt es ihm mit Hilfe einer Pflegerin, seiner späteren ersten Frau, zu entkommen.

Von Kraft und Güte
Nachwort von Ruben Gonzalez Gallego

Manchmal werde ich gefragt, ob das, worüber ich schreibe, wirklich passiert ist. Ob es die Protagonisten meiner Geschichten gibt. Ich antworte: Ja, es ist so passiert, es gibt sie wirklich. Natürlich sind meine Protagonisten zusammengesetzt aus Gestalten des Kaleidoskops meiner unzähligen Kinderheime. Aber das, worüber ich schreibe, ist die Wahrheit.

Wenn mein Buch manchmal nicht ganz der Lebenswirklichkeit entspricht oder ihr sogar widerspricht, dann liegt es am Blick des Autors, der vielleicht ein wenig sentimental ist und manchmal zum Pathos hin abstürzt. Ich vermeide es absichtlich, über das Schlechte zu schreiben.

Ich bin sicher, daß es im Leben und in der Literatur allzuviel Schwarzmalerei gibt. Es ist nun mal so, daß ich menschliche Grausamkeit und Bosheit im Übermaß sehen mußte. Die Abscheulichkeit des moralischen Verfalls von Menschen und die animalische Niederträchtigkeit zu beschreiben würde bedeuten, der ohnehin endlosen Kette von Gewehrladungen des Bösen ein Glied hinzuzufugen. Das will ich nicht. Ich schreibe über das Gute, über den Sieg, über die Freude und die Liebe.

Ich schreibe über Kraft. Über die psychische und über die physische. Über die Kraft, die jeder von uns hat. Über die Kraft, die alle Barrieren durchbricht und siegt. Jede meiner Geschichten ist eine Geschichte über den Sieg. Sogar der Junge aus der eher traurigen Geschichte »Frikadelle« siegt. Er siegt zweimal. Das erstemal, als er, weil er kein Messer zur Verteidigung hat, aus dem unordentlichen Gerümpel unnötigen Wissens die einzigen drei Wörter herausfischt, die auf den Gegner wirken. Das zweitemal, als er sich entscheidet, Frikadellen zu essen, also zu leben.

Es siegen auch diejenigen, für die der Freitod zum einzigen heldenhaften Ausweg wird. Der Offizier, der sich im Angesicht der Überlegenheit des Gegners entscheidet, das Leben zu verlassen und ehrenvoll zu sterben, ist ein Sieger. Ich habe Respekt vor solchen Menschen. Das Wichtigste für den Offizier jedoch waren die Kuscheltiere. Es ist sicher viel schwerer, das ganze Leben lang Bären und Hasen zu nähen, als sich einmal die Kehle aufzuschlitzen. Ich bin überzeugt, daß die Freude eines Kindes über ein neues Spielzeug viel mehr auf der Waage der menschlichen Werte wiegt als jeder militärische Sieg.

Dies ist ein Buch über meine Kindheit. Eine grausame, schreckliche Kindheit, aber trotzdem eine Kindheit. Um sich die Liebe zur Welt zu bewahren, um zu wachsen und erwachsen zu werden, braucht ein Kind nur sehr wenig: ein Stück Speck, eine Scheibe Brot, eine Handvoll Datteln, blauen Himmel, ein paar Bücher und die Herzlichkeit eines menschlichen Wortes. Dies genügt, es ist mehr als genug. Die Protagonisten dieses Buchs sind starke, sehr starke Menschen. Ein Mensch muß sehr oft stark sein. Und gütig. Nicht jeder kann sich erlauben, gut zu sein, nicht jeder ist fähig, die Barriere des allgemeinen Unverständnisses zu durchbrechen. Güte wird zu oft für Schwäche gehalten. Das ist traurig. Es ist schwer, ein Mensch zu sein, sehr schwer, aber es ist durchaus möglich. Man muß sich dafür nicht unbedingt auf die Hinterbeine stellen. Nicht unbedingt. Ich glaube daran.


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© BücherWiki Community bzw. die jeweiligen Autoren zuletzt geändert am January 13, 2008