Offenes Wissen / Thesen
 
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Aus den bisherigen Erfahrungen mit dem Wiki stehen folgende Thesen zur Diskussion:

These 1: Der Inhalt in Wikis ist OffenesWissen, das in gemeinsamem Eigentum der Autoren und der Öffentlichkeit steht. Es ähnelt in gewisser Weise dem OpenSource. Wissen kann aber auf eine schon eine viel ältere Tradition und mehr Akzeptanz zurückgreifen, ein Gemeingut zu sein und als Gemeingut gepflegt zu werden. Das vereinfacht die Entwicklung des Wiki. Die Wiki-Technologie kann zwar auch in geschlossenen Benutzergruppen verwendet werden, aber der Nutzen ist wesentlich geringer. Das Wiki ist eine Wert-imprägnierte Technologie.

These 2: Beiträge in Wikis erzeugen einen höheren und dauerhafteren Wert als Beiträge auf Webseiten, in Emails, Mailinglisten oder Foren. Denn die Beiträge sind viel geringerem Aufwand erzeugbar; Sie sind korrigierbar, änderbar, erweiterbar, besser gliederbar als in jedem anderen System. Das gilt für Autoren und Leser gleichermassen. Autoren bekommen vielfältige Rückmeldungen und Anregungen. Leser bekommen vielschichtiges und hinterfragtes Nicht-Lehrbuch-Wissen.

These 3: Das Wissen in einem Wiki folgt der Netzwerkökonomie. Mit der Zahl der Teilnehmer und der Beiträge steigt der gemeinsame Nutzen nicht linear, sondern überproportional. Jede Frage, Anmerkung, Ergänzung und Kritik erhöht den Nutzen in viel höherem Ausmaß als es dem reinen Informationsgehalt der einzelnen Mitteilung entspricht.

These 4: Es wird behauptet: Das Wiki sei ein anarchisches System. Einerseits ist das richtig: Wie auch in Foren zählt der Offline-Status eines Teilnehmers nicht viel. Was zählt ist die inhaltliche, menschliche und kommunikative Qualität seiner Beiträge. Das ist eine zusätzliche, aufregende Qualitätsanforderung. Andererseits entwickelt das Wiki eine neue Kultur der verstehenden Kommunikation, des respektvollen Miteinander und der Solidarität: Neue Wertigkeiten und neuen Status in neuen Formen der Gemeinschaft.

These 5: Das Wiki wird kein anderes System ersetzen (WWW, Email, Mailinglist, Newsgroups) sondern diese ergänzen. Nur ein Teil der Kommunikationsflüsse wird in Wiki-Systeme umgeleitet und direkt genutzt. Wertvolle Inhalte der vorhandenen Systeme werden übernommen, aufbereitet und verfeinert. Diese Inhalte bilden ein gemeinsam nutzbares, wartbares und weiter entwickelbares OffenesWissen.

These 6: Das Wiki erzeugt einen öffentlichen Raum für viel mehr Menschen und mit viel höherer Wirksamkeit als jedes andere Medium. Wer den Mut zum Schreiben aufbringt, erreicht mit seiner Frage, seinem Anliegen, seinem Wissen und seiner Emotion eine wachsende Denkerschaft. Dazu braucht der Einzelne weder Geld noch Beziehungen, keine Partei und keine Organisationszugehörigkeit - nur Authentizität und Glaubwürdigkeit.

These 7: Das Wiki wird in viele Lebensbereiche hineinwachsen, wobei vielfältige Chancen für bestehende und neue Gemeinschaften entstehen. Das Wiki ist in der englischen US-Software-Avantgarde entstanden und dort verwurzelt. Es wächst langsam in die angrenzenden Bereiche. Derzeit in gewisse Firmenbereiche, in englische Nicht-EDV-Bereiche und in deutschsprachige EDV-Bereiche und Nicht-EDV-Bereiche. Dabei sind technische und kulturelle Adaptierungen erforderlich, die Zeit und Hingabe erfordern.

[muss überarbeitet werden] These 8: Das Wiki ist das Ende vieler Wissens-, Informations-, Gemeinschafts- und Organisationsmonopole. Wer konnte bisher in der OfflineWelt? Wissen und Information anbieten (Bildungsinstitutionen, Verlage, Printmedien) und welcher Aufwand war damit verbunden? Wer kann in der OfflineWelt? Organisation und Gemeinschaftsaktionen anbieten (Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, NGOs)? In Zukunft wird es mit dem Wiki nahezu jedem technisch und finanziell möglich sein, solche Rollen anzustreben. Organisationen, die sich nicht rechtzeitig die Räume in der OnlineWelt besiedeln, riskieren ihre Bedeutung insgesamt zu verspielen.

Die These 8 ist irgendwie nicht richtig. Einerseits spricht sie von irgendwelchen Monpolen der Offlinewelten, wo es keine Monopole gibt (es gibt mehrere Bildungsinstuttionen, mehrere Verlage, mehrere Religionen, ja, sogar Gewerkschaften sind noch kein richtiges Monopol). Anderseits lässt die These 8 das Rauschen außer acht. Wenn aber jeder ins Wiki schreiben wird, wird kaum jemand gelesen. Wenn alle schreien, hört man niemanden. Und zuletzt widerspricht sich die These selbst, wenn sie anerkennt, dass doch nicht jeder seine Position in der Onlinewelt bekommt, Werden die Wiki-Pioniere zu Monopolisten? :-)

Du hast Recht, die Formulierung ist nicht so gut. Wenn ich von Monopolen spreche, dann meine ich das nicht ganz wörtlich (als "einzige" Quelle), sondern mehr auf die Rolle bezogen: "Medien und Journalisten" monopolisieren die "öffentliche Meinung", "Schulen und Universitäten" monopolisieren "Bildungszugänge und -nachweise", "Verlage" monopolisieren die Produktion der "Ware Buch". Ich möchte das auch nicht (ab-)wertend verstanden wissen, diese Formen haben sich aus gutem Grund (den Sachzwängen folgend) in der Vergangenheit so entwickelt. Änderungen der technischen Gegenheiten werden aber zu neuen Sachzwängen und bewirken IMHO genauso unausweichliche Veränderungen der Institutionen (die sich aber auf Grund ihres eingebauten Beharrungsvermögens gegen Veränderungen stemmen). -- hl

Ich denke nicht, dass es Wiki-Monopolisten geben kann, begründen sich Monopole doch meist entweder rechtlich (Recht auf "Münzprägung", Verleihung des "Dr.-Titels") oder wirtschaftlich (wer hat die Wirtschaftskraft, eine Konkurrenz zu Windows oder Unix zu entwickeln). Wikis sind billig, jeder kann sie haben. Ein Wiki ohne Community ist nur ein Stück Publikationstechnik, ohne herausragenden Wert. Ein Monopolist ist meist unsympathisch, welche Gemeinschaft sollte ihn unterstützen? --hl

Eben, ein Wiki ohne Community ist nichts Wert. Also haben alteingesessene Wikis doch einen riesigen Vorteil gegenüber neuen Wikis. Sich in einer alten Community Gehör zu verschaffen ist nicht einfach, wenn man Außenseiter ist und Postionen vertritt, die sich von Usus stark unterscheiden. Eine neue Community aufzubauen ist nicht einfacher. Also mag es in der Zeit der Wikis zwar technisch und finanziell einfacher sein, in den "Markt" der Ideenverbreitung einzudrigen, viel leichter wird es aber kaum sein. Vergiss nicht die Macht der Werbung und Propaganda und die Trägheit der Masse. (Dies sollte keine pessimistische Aussage sein, nicht jede Idee ist es wert, verbreitet zu werden - nur wie soll man gute von schlechten Ideen unterscheiden?) --gR

Deswegen halte ich das Konzept "OffenesWissen" für so wichtig. Weil es auch den kritischen Positionen (sogar objektiv "fehlerhaften" Denkansätzen) Raum zugesteht. Eine pluralistische Meinungsvielfalt ist im Wiki auch keine Selbstverständlichkeit (letztlich bestimmen die Gastgeber die Regeln sehr individuell). Aber IMHO bilden erst das gesamte Für und Wider, die Missverständnisse und Sackgassen, den Denkprozess ab, aus dem man das Wesentliche lernen kann bzw. auf den man auch - mit vielleicht neuen Argumenten - anschließen kann. OffenesWissen heißt für mich eben nicht in erster Line "Wissen muss offengelegt werden", sondern "Wissen soll offen für Kritik sein". Es heißt für mich auch - ganz in deinem Sinne - dass das (Dse-)Wiki offen sein soll für Neuankömmlinge und Querdenkern, weil erst aus der Vielfalt der Ideen und Positionen die Qualität (der Inhalte und der Gemeinschaft) entsteht. -- hl

Noch eine Randbemerkung: Wenn alle sprechen können, kann man nicht jeden hören. Man muss sich Gehör verschaffen. Man könnte meinen, dass das Interesse der Zuhörer sich den "wichtigen" Dingen widmen wird, komischerweise sind aber die Einschaltquoten von Talkshows nicht gering und Popularität von Personen hat wenig mit deren Charakter oder Kompetenz zu tun. Wäre schön, wenn sich alle nach dem Satz von Dieter Nuhr richten würden: "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten" :-) (Wiki ist schön, angenehm und produktiv, weil man die meisten Schwätzertriebe in Foren, Mailinlisten und Newsgroups so leicht loswerden kann :)


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