Grottian Artikel Sozialforen aufbauen


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Sozialforen aufbauen

Der Protest gegen den außerordentlichen Parteitag der SPD war symptomatisch dafür, wie der Widerstand nicht aussehen sollte: Gewerkschaften unter sich, Studierende unter sich, Projekte- und Betroffenenszene unter sich; Beteiligung insgesamt sehr schwach und mit Österreich, Italien und Frankreich nicht vergleichbar; in Evian gleichzeitig zum G8-Gipfel ein Protestaufgebot, das sich sehen lassen konnte. Der scheinbaren Stärke der internationalen globalisierungskritischen Bewegung steht die Schwäche der deutschen globalisierungskritischen, sozialen Bewegung gegenüber.

Die Projekte und Betroffenenbewegungen sollten im Zusammenhang mit den Europäischen Sozialforen von Florenz und Paris im November 2003 ein Band der Gemeinsamkeit von dezentralen, lokalen Widerständen knüpfen, die sich wechselseitig dynamisieren könnten. Internationale Sozialforen sind auf Dauer gefährdet, wenn ein Unterbau des lokalen Widerstands fehlt.

Deshalb haben die Europäischen Sozialforen und das Sozialforum in Deutschland (DSF) angeregt, Sozialforen vor allem in den Regionen und Städten anzugehen. Sie sollen eine große politische Bandbreite repräsentieren: Gewerkschaften, Kirchen, Wohlfahrtsverbände, Betroffene, Projekte und Initiativen. Der »Protest für sich selbst und allein« soll überwunden werden.

Hierfür müssen sich Gewerkschaften öffnen und nicht nur kooperationsbereit tun, um dann doch alles unter Kontrolle halten zu wollen. Die Initiativenszene müsste die Gewerkschaften zur Kooperation produktiv herausfordern. Solche Sozialforen als Produktivkraft breiten sozialen Widerstands sind schon entstanden, etwa in Tübingen, Wuppertal, Köln, oder im Entstehen, wie in Berlin, Witten oder Stuttgart. Sie sind die einzige zurzeit denkbare Chance, die segmentierten Widerstände konstruktiv zu bündeln.

Zudem müssen gesellschaftliche Alternativen auf den Tisch kommen. Wir hätten sehr wohl Konzepte zur Arbeitsteilung, zur geschlechterdemokratischen Erwerbs-, Haus- und Erziehungsarbeit, zur Suche von einer Million gesellschaftlich sinnvollen Arbeitsplätzen, die auch gesellschaftlich zu finanzieren sind. Und wir hätten doch Konzepte, wie mit einer Grundsicherung die minima moralia eines Sozialstaats aussehen könnten, die besser sind als die gegenwärtige Sozialhilfe.

Der globalisierungskritische Widerstand wird auf Dauer nur eine nachhaltige Wirkung haben, wenn ihm der Unterbau des sozialen Widerstands korrespondiert. Den Unterbau mit regionalen und Sozialforen anzugehen, ist ein politisches Gebot der nächsten Monate und Jahre.

peter grottian, politologe an der fu berlin

Quelle: http://www.jungle-world.com/seiten/2003/25/1113.php

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