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Individualität


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Individualität ist eine Notwendigkeit und eine Selbstverständlichkeit in Online-Communities. Einerseits die Individualität der Teilnehmer, andererseits um die Ausprägung der Gemeinschaft, die als neue Individualität interpretiert werden kann. Diese Gemeinschafts-Individualität äußert sich unter anderem in den Inhalten und ihrer Gestaltung, in der Entwicklung und Geschichte, den Regeln, Zielen und der entstehenden Kultur.

Individuen gestalten die Gemeinschaft durch ihre Beiträge und die sozialen Beziehungen, die sie zu anderen Teilnehmern aufbauen. Individuen gefährden die Gemeinschaft, indem sie den Sinn des Bestehenden in Frage stellen und indem sie Inhalt und Richtung der Community neu definieren und ihren Bedürfnissen anpassen wollen. Es ist eine Herausforderung, den richtigen Mittelweg zwischen der Nutzung individueller Energien und gemeinschaftlichen Bestrebungen zu finden.

Extreme Individualisten bestreiten, dass der Gemeinschaft so etwas wie eine eigene Individualität zukommt. Dies ist jedoch unerheblich, da die Mehrheit der Teilnehmer dies anders empfindet und gemeinsame Regeln und Ziele als sinnvoll und notwendig erachtet.

Positionierungen FranzNahrada

1. Ich beziehe mich auf die Aussage von Ernst "Individualität wohin das Auge reicht , von den kleinsten erfassbaren Materieteilchen bis zu den entferntesten Galaxien". Ernst genommen, steckt in dieser Aussage nur drinnen, daß begrifflich gesehen Individualität die allergrößte Abstraktion ist. Alles ist Individualität. Daher hat der Begriff keine bestimmte Bedeutung.

2. Ich kann also mit gutem Grund und mit fug und recht sagen: Nichts ist Individualität. Es gibt nämlich keine Eigenschaft, die ein Ding nicht mit einem anderen gemeinsam haben könnte. Selbst die Gedanken, die unser Bewußtsein denkt, sind Allgemein.

3. Es ist daher wohl besser, von Allgemeinem, Besonderen und Einzelnen zu sprechen. Das Allgemeine und das Einzelne sind Abstraktionen, zwischen denen der Geist im begreifenden Denken vermittelt. Die Individualität als die geltend gemachte Besonderheit ist aber ein leerer Zweck; stets geht es uns um etwas Bestimmtes, und die Bestimmung ist auch Allgemein.

~~FranzNahrada

Schön literarisch dargestellt ist dieser Konflikt übrigens bei Hermann Hesse im Glasperlenspiel. Faszinierende (und realistische) Vision, daß eine ganze Epoche notwendig ist, um unseren Kult der leeren Individualität wieder wegzuräumen!!!! Die Kastalier müssen mühsam die Kultur, das Allgemeine, wieder pflegen lernen. Sie begreifen Individualität nicht als Wert an sich. Und trotzdem ist sozusagen der Höhepunkt ihres Schaffens das Glasperlenspiel, das auf der Grundlage strenger Wissenschaft und Formalisierung das göttliche Spiel von Allgemeinem und Besonderem immer wieder aufführt. Die Kenntnis und Anwendung allen Wissens führt zu einem kreativen, unvorhersehbaren Ergebnis.

Man könnte es auch so sagen, und das war wohl Hesses Gedanke: wahre Individualität hat der entwickelt, der seine leere Hülle nicht der Welt entgegengehalten hat, sondern ihren Reichtum in sich aufgenommen hat und zur Entfaltung bringt. Dabei spielen Standards, Regeln etc. eine wichtige Rolle. Besonders berührt hat mich eine Stelle im Glasperlenspiel, wo die Geschichte des kastalischen Ordens reflektiert wird. Da heißt es, daß die Autos, Schiffe und Uhren eben nur dann richtig gehen, wenn der Geist gepflegt wird, von Nützlichkeitserwägungen ist also im Denken grundlegend abzusehen, weil sie ohnehin selbstverständlich sind. Das Denken richtet sich erkennend auf eine Welt, die von Myriaden Gesetzen und Notwendigkeiten durchzogen ist.

Hier übrigens das Originalzitat: "Man weiß oder ahnt: wenn das Denken nicht rein und wach und die Verehrung des Geistes nicht mehr gültig ist, dann gehen bald auch die Schiffe und Automobile nicht mehr richtig, dann wackelt für den Rechenschieber des Ingenieurs wie für die Mathematik der Bank und Börse alle Gültigkeit und Autorität, dann kommt das Chaos"

Vielleicht ist das Wiki eine Art Glasperlenspiel.

~~FranzNahrada

Ich habe nicht behauptet, Individualität wäre nichts. Sie ist eben aber auch nicht alles, das ist bloß der Zug einer narzistischen Zeit, in der das Individuum völlig auf sich allein gestellt ist und manche wieder mühsam Versuche der Gemeinschaftsbildung unternehmen.

Ich hab heute irgendwo gelesen, daß die Asiaten von der Verbundenheit von allem und jedem ausgehen. Individualität ist bloß eine bunte Spiegelung von außen. Wir Westler glauben, daß jede Seele eins und unteilbar und unsterblich ist. Doch schon wenn Du an Reinkarnation glaubst, wird die Individualität zum Fragezeichen. Du bist viele, nicht einer....und die Indianer zeigen Dir, daß Du wie alles Leben aus acht Teilen bestehst, die es in Harmonie zu bringen gilt....

~~FranzNahrada

Es gibt viele Schauspieler, die sich beklagen, ihre Individualität zu verlieren....Es ist auch für mich persönlich ein ganz seltsames Schauspiel, wenn ich mir beim Älterwerden zusehe, so ist das, als ob ich lauter unrealisierte Möglichkeiten meiner selbst verabschiede...Ich sehe sie alle als wunderbare, aber beschränkte Personen, die hätten leben können. Wenn ich weiter nachdenke, dann fühle ich mich wohl in dieser Offenheit, aber zugleich immer weniger als das, was einmal ein Individuum war. Sorry, das war jetzt mitternächtlich, aber ich kanns nicht besser sagen.--Franz

Grosso Modo hat diese Welt mehr Möglichkeiten zerstört als realisiert. Das ist die große Enttäuschung meines Lebens. Wenn ich meine Zukunftsbilder mit der Welt von heute vergleiche, dann kann ich nur sagen: im kleinen einige Fortschritte, im großen ein gewaltiger Rückschritt. --FranzNahrada

Wer sagt eigentlich, wo ich aufhöre und das andere anfängt? Ich finde diesen Satz ungefähr so unverschämt wie Du manche Watschn vom Helmut empfinden magst. Ich bin nicht nur das, was in meinem Hirnkastl oder meinem konzessionierten Privatbesitz west, ich bin auch Wiener, Jedleseer, Staatsbürger, Weltbürger, Soziologe, Hotelier, Griechenlandfreund, Kroatienfreund, etc pp.. Was ist da "meins" und was ist "deins"?? --FranzNahrada

Anderer Versuch. Was ich an Möglichkeiten habe, hängt sehr davon ab, wie sich die Möglichkeiten insgesamt entwickeln. Immer mehr Menschen wird heute der Kampf ums Überleben aufgenötigt, soziale Standards entwickeln sich rapide zurück. Im Grunde eine Folge vieler Faktoren, über die man sich streiten kann. Für mich ist der wichtigste Faktor die durch Wirtschaft verursachte Desorganisation und Entstandardisierung. In dem Bestreben, reicher zu werden sind wir immer ärmer geworden. ~~ FranzNahrada

Weitere Diskussion

Individualität hat was mit Teilung zu tun. Also Krise im etymologisch strengen Sinne und deshalb von der tiefsten Stelle aus betrachtet ein vorübergehendes Phänomen. So wie die Zeilen hier. -- GretchenFaust?

Gretchen, kannst du klarer sagen, was du mit "Krise im etymologisch strengen Sinne" und mit dem Argument insgesamt meinst? -- HelmutLeitner

Alles hat was mit Teilung zu tun,wo die Teilung stattfindet hängt wiederum beim Individuum ab.
Jedes Wesen darf die Teilung vornehmen wo und wann es will,weit und breit Krisenlos !~ErnstGruber

Technisches

Online-Communities als technische Systeme zu betrachten, die am Reißbrett konstruiert werden oder konstruierbar sind, ist nicht zielführend. Communities können nur als lebendige Systeme wachsen.

Die Technik kann aber dazu dienen, Individualität zu unterstützen. Es ist vermutlich günstig, für ein Community-System ein besonders angepasstest Layout zu wählen, eine Kombination von Design und technischen Funktionen, die es wiedererkennbar macht. Alles soll zu den Bedürfnissen der Teilnehmer passen. So wie ein Haus an die Bedürfnisse der darin lebenden Menschen oder ein Arbeitsraum an die Bedürfnisse der Benutzer angepasst sein sollte.

Die Technik soll Individualität unterstützen. Vielfalt in den Ausdrucks- und Gestaltungsmöglichkeiten kann sicher nicht schaden.

Inhaltliches

Das Streben nach konsensualen, von allem persönlichen Meinungen und Ausdrücken befreiten, Inhalten ist möglich (NPV, WikiPedia), hilft aber nicht unbedingt der Community. Communities bekommen ihre Kraft aus den individuellen Persönlichkeiten der Teilnehmer.

Oft ist nicht nur wichtig, was gesagt wird, sondern auch wer es gesagt hat.

Soziales

Oft führen unterschiedliche Ansichten in Communities zu Streit. Das ist verständlich, weil sie oft von starken Persönlichkeiten mit ausgeprägten Weltanschauungen vorgetragen oder kritisiert werden. Streit ist auch nicht immer schlecht für eine Community - es entsteht eine Dynamik, es kommen Dinge zum Vorschein, die vorher versteckt waren. Letztlich geht es aber in der Online-Community darum, Raum für verschiedene Persönlichkeiten und Ansichten zu schaffen, so weit dies nicht die deklarierten Ziele der Gemeinschaft gefährdet.

GründerWiki

Es ist ok, wenn ErnstGruber die Gestaltung der Einleitung dieser Seite, die wesentliche Aussage übernimmt. Individualität und Kreativität sind seine Domäne und dürfen in keiner Community fehlen. Welchen Stellenwert sie aber in einer Community einnehmen, ob zentral oder untergeordnet, muss den Gründern und Mitgliedern überlassen bleiben. Das GründerWiki vertritt hier KeineIdeologie, weil es sonst seiner Aufgabe "für (möglichst viele = alle) Gründer" da zu sein, nicht gerecht werden könnten.

Viktor E. Frankl, in "Der Mensch auf der Suche nach Sinn"

Wir begegnen da einem Phänomen am Menschen, das ich für fundamental anthropologisch halte: Die Selbst-Transzendenz menschlicher Existenz! Was ich damit umschreiben will, ist die Tatsache, daß Menschsein allemal über sich selbst hinausweist auf etwas, das nicht wieder es selbst ist — auf etwas oder auf jemanden: auf einen Sinn, den es zu erfüllen gilt, oder auf ein anderes menschliches Sein, dem wir da liebend begegnen. Im Dienst an einer Sache oder in der Liebe zu einer Person erfüllt der Mensch sich selbst. Je mehr er aufgeht in seiner Aufgabe, je mehr er hingegeben ist an seinen Partner, um so mehr ist er Mensch, um so mehr wird er er selbst. Sich selbst verwirklichen kann er also eigentlich nur in dem Maße, in dem er sich selbst vergißt, in dem er sich selbst übersieht. Ist es nicht wie beim Auge, dessen Sehtüchtigkeit davon abhängt, daß es sich selbst nicht sieht? ...

Nein, es geht noch relativ lang weiter. Er schreibt darüber, dass das Auge sich nur dann selbst wahrnimmt, wenn es durch eine Krankheit beeinträchtigt ist. So weit wollte ich seinen Gedanken nicht folgen. Frankl ist Vater der Logotherapie, also jener Richtung der Psychoanalyse, die das Bedürfnis nach Sinn als zentral im Menschen sehen. Natürlich hat das mit Individualität zu tun, weil das Bedürfnis sich als Individuum im Zentrum zu betonen, der Sinnfindung u. U. entgegensteht. So interpretiere ich das zumindest. -- HelmutLeitner

Ich denke auch, daß das ein gut gewähltes Zitat ist. Obwohl ich früher von Frankl nicht sehr viel gehalten habe und ihn für ein reaktionäres Arschloch angeschaut habe, bringt er einen Teil der menschlichen Paradoxie gut zum Ausdruck. Allerdings ist die Selbstvergessenheit eben auch wieder nur ein Teil einer größeren Paradoxie. Wiederum bei Hesse stark illustriert. Der Magister Ludi Josef Knecht ist sein ganzes Leben lang von den Gestalten fasziniert, die ihm Selbstvergessenheit vorleben. Der Musikmeister des kastalischen Ordens, oder die Benediktiner. Er selbst entschließt sich aber, seinen Sinn in der Besonderheit von Individuen zu suchen, indem er die höchste Ehre Kastaliens, die eines Magister Ludi, aufgibt, um zum Lehrer eines Jungen zu werden, der in der Welt außerhalb Kastaliens, also mehr oder weniger in unserer wirtschaftsbetonten Welt, aufwächst. Niemand weiß wie der zweite Teil des Glasperlenspiels verläuft, denn Josef Knecht stirbt - ohne seine Aufgabe wirklich begonnen zu haben - schon an seiner Differenz zu dem Jungen, der ihm eines Morgens zum Baden im kalten Bergsee animiert. Aber vielleicht hat Josef Knecht mit diesem Tod sozusagen seinen Sinn in der Erziehung dieses Jungen erfüllt. Während es bei Frankl um die eine Seite geht, daß erfolgreiche Individualität eben gerade nicht aus dem Zweck Individualität geboren wird, und daß Individualität wenn sie sich selbst zum Zweck wird, scheitern muß, beharrt Hesse auf der unauflösbaren Verstricktheit in Individualität. Für Frankl ist das eben egal, und das ist mir immer noch zuwider. Er ist für mich das negative Abziehbild von Menschen, die ständig die Selbstverwirklichung hochhalten. Er ist sicher kein Faschist, er macht diese Aufopferungslogik wirklich noch aus der rein individuellen Sinnwahl heraus, gibt keinem Sinn ein Mascherl, das ist jetzt das was der Mensch tum muß. Das macht ihn bei vielen Demokraten beliebt und respektiert. Aber dieses methodische Sich-Selbst Transzendieren kriegt daher auch leicht den Zug einer Marotte. Es kann meiner Ansicht nach nicht wirklich gelebt werden. ~~FranzNahrada

Franz, so harte Worte bin ich von dir gar nicht gewohnt. Nicht, dass ich ein besonderes Naheverhältnis zu Frankl hätte. Aber wenn man über "Sinn" spricht kommt man an ihm, der die Sinnfrage im Extremen (unheilbar Kranken, KZ-Opfer, scheinbar sinnlose Lebenssituationen) untersucht hat und Antworten anbietet, nicht vorbei. -- HelmutLeitner

Aber genau diese Methode ist es, mit der die meisten Menschen ihr Einverständnis zu dem begründen, was ihnen tagtäglich abverlangt wird. Indem sie der Sache einen Sinn geben, haben sie das ihrige dazu beigetragen daß sich die Verhältnisse nicht ändern. Die Suche nach Sinn ist die aktive Enthaltsamkeit von Veränderung, sie ist eine Methode der Anpassung. Der "Sinn" und der individuelle Zweck fallen ex definitione auseinander, sonst müßte man ja den Sinn nicht suchen. Ich muß also mit einer Welt einverstanden sein, die ex definitione nicht für mich da ist. Das ist, methodisch gesehen, ein sehr böser Gedanke. So ist er mir damals erschienen, und ich kann das nicht ganz durchstreichen. --FranzNahrada

Das verstehe ich nicht. "Sinn außerhalb" bedeutet ja nicht "konservatives Akzeptieren des Ist-Zustandes". Die Individualität Mozarts erfüllt sich in der Bedeutung seiner Musik über die Grenzen von Individuum und Zeit. Seine Musik "als Werk eines Egomanen für sich selbst" wäre doch sinnlos. Seine Eroberung neuer kreativer Räume (vielleicht ist Picasso ein besseres Beispiel) ist doch Veränderung, wie jedes Leben Veränderung ist. Unsere Verzeiflung hängt doch nur davon ab, wie weit wir "Ist" und "Wunsch", "Realität" und "Vision" auseinanderklaffen lassen und welche Erfolgserlebnisse wir uns durch Nahziele und Offenheit der Wege und Antworten erlauben. Ich erlebe eine Krise vieler Menschen im Bereich SozialerIdealismus, die sich nicht auf die "Lösung von Problemen"; sondern auf die Erwartung von "Akzeptanz bestimmter Antworten" festgelegt haben. -- HelmutLeitner

Was den "Sinn" betrifft, den Frankl anspricht, hat wiederum Paul Watzlawick in einem Gespräch etwas Interessantes festgestellt: Für ihn sei es gar nicht so klar gewesen, dass Frankl von "dem" Sinn (im Sinne eines "jenseits der eigenen Wirklichkeit" gelegenen Sinnes) gesprochen habe. Er (Watzlawick) habe Frankl so verstanden, dass es um "einen" Sinn (also um einen für die persönliche Wirklichkeitskonstruktion passenden Sinn) gehe. Im Übrigen betonen gerade die radikalen Konstruktivisten, dass man für seine Wirklichkeit verantwortlich sei und gerade aus der Einsicht, dass es DIE Wirklichkeit nicht gäbe, der Respekt vor allen anderen Wirklichkeiten erwachsen müsse.
In der Theorie sozialer Systeme Luhmann'scher Prägung wiederum ist "Sinn" als selbstreferentieller Prozess das, was Systeme zusammen hält, indem soziale Systeme Komplexität in Form von "Sinn" reduzieren.

Es scheint mir demnach entscheidend, ob man den "Sinn" im Augenblick seiner Konstitution (oder Konstruktion) AUSSERhalb oder INNERhalb der eigenen Annahmen sieht. Wird er ausserhalb gesehen, weist FranzNahrada darauf hin, dass "Sinn" und "Zweck" auseinander fallen und es zu einer "aktive(n) Enthaltsamkeit von Veränderung" kommen kann. Man könnte auch sagen: Nicht "Schicksal als Chance", sondern Schicksal als Schicksal.
Ist man der Meinung von ErnstGruber und HelmutLeitner, dass es einen "Sinn jenseits der Realität" (im Sinne Helmut'scher "neuer kreativer Räume", die aus dem Diesseits im Jenseits entstehen oder des Ernst'schen jenseitigen "unermesslichen Pools an Bildern und Wahrscheinlichkeiten, der das 'Diesseits' unserer materieller Körper speist") gibt, scheint mir der Diskussionspunkt zu sein, ob man nun dem "Diesseits" oder dem "Jenseits" eher verantwortlich sei. Oder auch, ob man im Sinne kommunizierender Gefäße (Diesseits/Jenseits) eine "Gleichgewichtsphilosophie" oder eine "Entwicklungs- und Veränderungsphilosophie" vertritt ... -- FranzZuckriegl


Ernst, auf diese Weise machst du die Welt (die Menschen außerhalb) zu Objekten deiner Bedürfnisse. Die Welt hat dir zu dienen. Ich schätze es aber nicht, in deiner Sicht der Realität als Objekt aufzutauchen, und von dir Rollen in deinem Selbsterkennungsspiel zugewiesen zu bekommen. Wenn du meinst, dass die anderen Menschen das akzeptieren werden oder müssen, dann bist du - so hart das klingt - verrückt. Wir sind aber alle mehr oder weniger verrückt. Es geht um den Grad, in dem wir Realität objektiv erkennen und verändern wollen. Wer an Sinnlosigkeit und "man kann eh nicht ändern" verzweifelt, ist in der anderen Richtung verrückt. Ich denke, es ist ein Kontinuum, in dem es um das Finden von goldenen Mittelwegen geht. Was den Menschen immer am schwersten fällt. In Gemeinschaft geht es aber eher als allein. -- HelmutLeitner


Ich mache einen neuen Anlauf. Der Gedanke der Individualität ist ja relativ jung, vielleicht ist es eben wirklich so, daß dieses komische Menschenwesen an sich etwas Schöpferisches entdeckt hat, das es in die Nähe der Vorstellung eines Schöpfers dieser Welt gebracht hat. Vielleicht besteht ja wirklich der Zweck, auch objektiv, darin, daß Menschenleben - weil sich selbst bewußt - nicht einfach Wiederholung von etwas anderem sein kann, qua seinem Bewußtsein es zunehmend nicht mehr erträgt, einfach nur bewußt - loser Vollzug von Folge und Wirkung zu sein (das ist die Schneeflocke nämlich schon, außer Du spekulierst über ein Bewußtsein, das doch nur in Dir existiert). Das ist dann eben so, daß das Menschenleben sich selbst Zweck wird, anderererseits wird das Bewußtsein auch an der Begrenztheit dieses Zwecks leiden. Denn es ist nicht frei, einen Zweck zu setzen, es ist einem Körper und seinen Bedürfnissen ausgeliefert, der noch dazu vergänglich und sterblich ist.

Dennoch, was bleibt uns denn anderes übrig, können wir was draus machen. Und Individualität heißt für mich auch, daß wir uns zunehnemend der vollen Verantwortung für das bewußt werden, was wir draus machen. wir können uns Beispiele suchen etc. Aber letztlich sind wir selbst es, die unseren Zweck bestimmen und wie Du sagst auch unsere Welt bauen, inmitten der Welten der anderen. Dann ist es aber auch so, daß wir uns mit den Welten der anderen irgendwie verständigen müssen; wir müssen unsere Individualität so gestalten, daß sie auch für andere nutzbringend wirksam wird. Das aber setzt einen anderen Diskurs in die Welt als den der leeren Individualität ~~FranzNahrada

Die Ideale individuelle Entfaltung führt zur Förderung der individuellen Entfaltung aller Individuen. Vielleicht sollten wir Bäume als Beispiele nehmen sie sind ja auch individuell.
Jeder von ihnen entfaltet seine Individualität optimal.
Franz,wo siehst du bei einem Baum eine leere Individualität?

Ich sehe bei einem Baum ebensowenig Individualität wie bei einer Schneeflocke. Das ist glaub ich ein klassisches Beispiel daß diese erst durch Dich, den Betrachter entsteht. Der Baum hat allem Anschein nach kein Bewußtsein, doch ich kann mich auch irren. Ich bin in gewisser Weise offen für spirituelle Sichtweisen und habe auch schon Gespräche mit Bäumen geführt. Dennoch scheint das eher ein Gespräch mit mir selbst gewesen zu sein, als universalem Bewußtsein, das im ichbewußtsein nicht aufgeht

Das ich braucht vielleicht notwendig das Du, um sich zu erkennen: "In gewisser Art gehts dem Menschen wie der Waare. Da er weder mit einem Spiegel auf die Welt kommt, noch als Fichtescher Philosoph: Ich bin Ich, bespiegelt sich der Mensch zuerst nur in einem andern Menschen. Erst durch die Beziehung auf den Menschen Paul als seinesgleichen, bezieht sich der Mensch Peter auf sich selbst als Mensch. ( http://www.sozialistische-klassiker.org/kapital.doc/marx/wertf.htm)

Man könnte hinzufügen: Erst durch die Beziehung auf den Baum als meinesgleichen erlebe ich mich wirklich als Teil meiner Welt.HelmutLeitnerFranzNahrada?

Ich sehe Individualität - Gemeinschaft als eine Frage der Interpretation. Man kann sich von der Schneeflocke - als Symbol für Individualität - verzaubern lassen, man kann aber auch sehen, dass sie in ihrem Kristallwachstum nach Gesetzen (Strömung, Diffusion, Kristallbildung) und Parametern (Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Strömungsgeschwindigkeit) eine protokollierte Begegnungsgeschichte mit ihrer Umgebung ohne jeden eigenen Indivudellen Anteil darstellt. Das Spektrum öffnet Denk- und Handlungsalternativen. Sinn erscheint als Interpretation von Gegenwart in Bezug auf Zukunft. Leben und Bewusstsein als Phänomene zur Einbeziehung der Zukunft in Handlungsentscheidungen (anders als in der Physik, wo nur aktuell wirkende Kräfte im jetzt einen Einfluss haben). Interpretationsalternativen öffnen scheinbar Handlungsspielraum (für freien Willen?). Folgt daraus: "Wer nicht zweifelt, ist nicht frei." ? -- HelmutLeitner

Helmut,wo fängt bei dir eigener Antrieb an,wenn du ihn Wassermolekülen absprichst?~ErnstGruber

Ich sprech ihn niemanden ab. Man kann das so und so interpretieren. Man kann ein Wiki als eigenes Individuum sehen oder nur als Aggregat seiner Teilnehmer. Ein Molekül "fliegt seinen Weg", oder "es wurde von der Umgebung durch Wechselwirkungen auf die Bahn gebracht". Es sind systemanalytische Sichtweisen, die gleichwertig sind. Ähnlich wie in der Relativitätstheorie: ich kann mir aussuchen, was ich als ruhend ansehe - es gibt kein absolutes Bezugssystem. -- HelmutLeitner

Wo ist da die dritte Komponente, der Wille sich schöpferisch auszudrücken? ~ErnstGruber

Schwierige Frage. Wir haben einen Willen, eine Schneeflocke oder ein Molekül meiner Meinung nach nicht. Wille hat mit gesetzten Zielen zu tun und der Fähigkeit sie gegen Widerstände zu erreichen. Etwas, was ohnehin physikalisch passiert (wie eine Lawine) interpretieren wir nicht als Wille (auch wenn sie einen widerstehenden Baum knickt). Ob sich der Wille schöpferisch ausdrückt, ist wieder eine andere Frage. Wille wird oft als frei erlebt. Wie "freier Wille" objektiv erklärt werden kann, ist - soweit ich weiß - ein ungelöstes Problem. -- HelmutLeitner

Ich denke an diesem Punkt wird jeder objektive Wissenschaftler irgendwann anstehen.
Zur Zeit klammern einige Wissenschaftler und Stutenten den schöpferischen Willen noch "stur" aus, immer noch kleinere und noch grössere Teile oder Wellen des Objektiven werden erforscht.
Im Vergleich zur scheinbaren Grösse des Objektiven Universums sind alle Menschen winzige Schneeflocken,ich glaube jede "Schneeflocke" hat freien Willen sich als Spielball seiner Umwelt oder als schöpferisches kreatives Wesen wahrzunehmen...~*~
~ ErnstGruber

Ich weiß nicht, das hat für mich zwei Seiten. Einerseits ist es ein schöner Gedanke, auch einer Schneeflocke Individualität, und Kreativität, Freiheit zuzusprechen. Andererseits bedeutet eine prinzipielle Ähnlichkeit von Schneeflocke und Mensch, dass u. U. auch die Individualität und Freiheit des Menschen nur eine relative Illusion sein könnte. -- Mir ist eine Sichtweise lieber, die einen prinzipiellen Unterschied zwischen Menschen (Lebendigem) und physikalisch unbelebter Materie macht. -- HelmutLeitner

Eine Schneeflocke besteht großteils aus Wasser ein Mensch besteht großteils aus Wasser,die Frage ist wer Formt das Wasser? ~ ErnstGruber [querverweis auf Gut(rückverweis)]

Ernst, auf was willst du hinaus? Eine Schneeflocke besteht praktisch aus reinem Wasser, die Form entsteht durch die kristalline Möglichkeiten der Wassermoleküle und die zeitliche Entwicklung der Entstehungsbedingungen. Ein Mensch besteht nur zu ca. 85% aus Wasser (IIRC), hauptsächlich als Zellen organisiert und seine Form wird durch seine Gene und seine persönliche Entwicklung bestimmt. -- HelmutLeitner

Helmut,auf was ich hinaus will ist für dich weniger Wichtig als auf was du selbst hinaus willst.
Wenn du dich auf den Unterschied von Schneeflocke und Mensch konzentrierst findest du sicher Arbei für hunderte Jahre,doch was dann !?
Ich sage freier Wille bestimmt die materiellen Formen und diesen billige ich sowohl einer Schneeflocke als auch dem Menschen zu.
Individueller freier Wille ist das Geschenk des Lebens, wer ihn nicht annehmen will ist auch Frei sich von Anderen im freien Willen bestimmen zu lassen. ~ ErnstGruber


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