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Soziale Theorie


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  SozialeTheorie ist ein sperriges und womöglich unpopuläres Wort. Ich möchte es trotzdem in den Raum stellen, erklären wie ich dazu zu stehe, was ich mir darunter vorstelle und warum ich glaube, dass eine solche Theoriebildung notwendig sein wird. -- HelmutLeitner

Wikis - als Prototypen für Online-Communities - sind unbeschwerte Gebilde, zumindest lieben wir es, sie so zu sehen. Tatsächlich steht aber hinter ihnen (genauso wie hinter der OS / FreeSoftware / OEKONUX - Bewegung) die Hoffnung auf neue und gerechtere soziale Systeme. Diese Hoffnung erscheint mir nicht unberechtigt: Wenn sich Kommunikationsformen in kurzer Zeit so radikal verändern (vom Postkutschenkurier bis zur persönlichen, sekundenaktuellen, weltweiten Wiki-Beitragsveröffentlichung), dann muss das auch bedeuten, dass sich Beteiligungsformen und Entscheidungsprozesse gravierend verändern. Vielleicht haben hierarchische und intransparente Systeme bald ausgedient zu Gunsten von Systemen, die - wie ein Wiki - im Prinzip offen für die Beteiligung aller sind. Systeme, in denen die Transparenz wenig Raum für offenkundige Ungerechtigkeiten lässt. Für mich ist der Raum der Online-Communities für die Menschen so etwas wie der intrazelluläre Raum im Körper für die Zellen - etwas das durch Kommunikation Einheit erzeugen wird, wo vorher keine Einheit war.

Netzvisionen sind aber nichts Neues, vor allem weil genug an gesellschaftkritischem und kapitalismuskritischem Potential brach liegt und nach Betätigungsfeldern sucht. Als Techniker sehe ich das pragmatisch und nicht als Kritik: Es liegt offensichtlich brach, weil es sich in überintellektualisierter und unsozialer Form (Gewerkschaften die Arbeitslose nicht vertreten) ad absurdum geführt hat und wirkungslos geworden ist. Ein OEKONUX-Prozess schnüffelt auf der falschen Fährte, weil die Dynamik und Mechanismen (z. B. die enthaltenen kommerziellen Phantasien für den Aufbau von Marktanteilen und Marktmacht) der OS-Bewegung nicht wahrgenommen werden, ich möchte sagen, bewusst verdrängt werden. Die Illusion einer sozialen Neuerungschance berauscht so sehr, dass die reale Chance auf soziale Neuerung im Rausch nicht wahrgenommen wird.

Es besteht für mich kein Zweifel, dass die Online-Communities Vorreiter neuer sozialer Organisation sein können. Ob und in welcher Form dies geschieht, ist eine offene Frage und hängt von unserem Commitment und unserer Kreativität ab. Wenn keine guten und wirksamen Lösungen gefunden werden, dann wird die Online-Community in das normale Medien-Repertoire der auch bisher schon Bestimmenden übergehen, ohne dass sich etwas wesentliches an den Entscheidungsstrukturen ändert. Wir haben - als aktuelle Teilnehmer der Online-Communities - Verantwortung und wir können in dieser Verantwortung versagen. Ich weiß, dass das lästig ist. Jeder möchte gerne mitspielen, mitdiskutieren und mitentscheiden ohne Verantwortung und ohne Verpflichtungen, aber das ist - glaube ich - nicht möglich. Tut mir leid.

SozialeTheorie würde für mich bedeuten, dass Rahmenbedingungen für Online-Communities geschaffen werden, die sich auch realen Organisationen bewähren können, und deshalb verändernd wirken. Der Online-Zugang alleine kann nicht Beteiligungs- und Entscheidungsrechte begründen. Ein "Verkehrsbetrieb in Graz" könnte von der Mitwirkung vieler profitieren, sich aber nicht ungeregelt der Kommunikation und Mitentscheidung durch alle (Berliner, Wiener, Chinesen, ...) öffnen. Es muss diese Grenzziehung des sozialen Systems zwischen Mitgliedern (Betroffenen, Beteiligten, Betragenden, ...) mit Funktion und den Außenstehenden (die auch gewissen Mitwirkungsrechte haben) geben. Aber welche Regeln gelten dafür? Welche Transparenz ist einzufordern? Wie sind diese Systeme in ihrer Effizienz zu optimieren?

Das Verständnis für die Notwendigkeit dieser Entwicklungen ist heute in den Wikis noch nicht vorhanden. Zumindest sehe ich sie nicht. Dass alle mitreden können sollen und demokratisch mitentscheiden sollen, wird als selbstverständlich vorausgesetzt, obwohl die Realität in den Online-Communities wie im realen Leben (wo es nur rudimentärste Demokratie gibt) eine völlig andere ist. Demokratie ist heute mehr ein gepflegter Mythos als ein gelebter Inhalt. SozialeTheorie bedeutet für mich, der Demokratie eine arbeitsfähige Theorie (Mikro-Verfassung) zu geben, die sowohl für OnlineCommunity als auch CommunityOnline (im kleinen wie im großen) tauglich ist und als Leitlinie für Bewegung der sozialen Systeme in das Internet dienen kann.

Als kleines Beispiel für die Probleme: Die deutsche Wikipedia. Hier besteht der Bedarf sich zu organisieren (geplant ist als Verein) um Spendengelder umsetzen zu können. Jede wachsende OC wird früher oder später ihre Infrastruktur bezahlen müssen und in diese Situation kommen. Sowohl JimboWales (mit unbekannten kommerziellen Phantasien im Hintergund) als auch andere Personen (die an der Peripherie sitzen) sind damit unglücklich, denn Vereinsgründer können nur 7+ Personen sein, die die Möglichkeit haben sich z. B. in Berlin zu treffen. In welcher Weise können diese 7 Personen eine Online-Community repräsentieren? Wie können Eigeninteressen hintangehalten werden? Wie sollen sie die Interessen einer deutschen Subcommunity gegenüber der Wikipedia-Foundation vertreten? Wie soll die Einheit gewährleistet werden. Hier wird völlige Neuland ohne jedes Rüstzeug betreten. Jimbo steht mit fadenscheinigen Verzögerungstaktiken auf der Bremse, bei den Deutschen staut sich der Ärger auf. Die Probleme sind absehbar. -- HelmutLeitner


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