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Wiki Ist Paradox


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  Wikis sind paradox. Sie haben keine einfache Erklärung. Ein Wiki kann einfach sein oder beliebig komplex werden. Man kann es als technisches Werkzeug verstehen oder als reine Grundlage für soziale Beziehungen. Wiki erzwingt keine bestimmte Form von Interaktion oder Inhalt und kann deshalb verschiedenste Formen ausbilden. Man hätte oft gerne die perfekten Inhalte im Wiki, aber dann würde sich niemand trauen, teilzunehmen. Niemand würde kritisieren und verbessern, das Wiki wäre ohne Leben.

Das Leben ist paradox. Es gibt kein Leben ohne Sonne, aber reine Sonne tötet das Leben. Man braucht den Ausgleich. Entweder den Wechsel von Tag und Nacht oder die Bildung von Wolken, als Schutz vor der Sonne. In Kreisläufen entstehen Fluktuationen von Temperatur und Feuchtigkeit, die Impulse und Chance für verschiedene Lebensformen schaffen. Lebensformen konkurrieren miteinander, töten sich oft, aber keine Form könnte für sich leben ohne die Wechselwirkungen mit einer von anderem Leben erfüllten Umgebung.

Gesetze sind paradox. Der Bedarf an Gerechtigkeit und Konfliktlösungen führt zu niedergeschriebenem Recht als Sicherheitsnetz für die menschliche Gesellschaft. Aber in dem Moment, wo der Buchstabe des Gesetzes geschrieben ist, trennt er sich von der ursprünglichen Idee von Fairness oder Gerechtigkeit und wird etwas Formales, das nun interpretiert und missbraucht werden kann - von denen welche die Fähigkeit oder die Macht haben, dies zu tun. Gesetz bekommt Priorität vor der Gerechtigkeit. Dies kann nicht anders sein, aber man kann es auch nicht akzeptieren.

Sprache ist paradox. Sie dient zur Kommunikation aber führt zu endlosen Missverständnissen. Worte repräsentieren und modellieren die Realität, aber werden schnell mit der Realität verwechselt. So trennt uns die Sprache von der Welt und voneinander. Man meint, Worte hätten eine innewohnende Bedeutung, aber diese kann kaum definiert werden, kommt man doch von Begriff zu Begriff in unendlichen Regress. So können wir weder unsere Realität, noch unsere Worte, Sprache, unser Denken wirklich verstehen. Und trotzdem brauchen wir die Sprache und sie nützt uns unendlich viel.

Man könnte das immer weiter fortsetzen. Wissenschaft ist paradox, weil ihre streng objektive Ordnung aus Akten individueller Kreativität entsteht. Musik ist paradox, denn ihr individueller Ausdruck wird wie eine universelle Sprache verstanden. Religion ist paradox, denn sie lehrt uns Moral, reduziert sich aber am Ende auf ein Denken über Mitgliedschaft. Die Konsistenz von Schule und Universiät ist eine Illusion, eine ungültige extrapolation linearen Denkens. Fast alles, was interessant ist, ist paradox, sonst wäre es längst langweilig geworden, als Teil einer Formel. Wiki ist interessant und paradox.

Ein Wiki ist etwas Lebendiges. Es ist voller Widersprüche, gegensätzlicher Kräfte und Prozesse. Ein Wiki braucht einen Leithammel, aber jeder solche trifft sofort auf heftige Opposition. Ein Wiki braucht von Anfang an eine Vision, aber gleichzeitig soll sich die Vision unter den Händen der aktuellen Teilnehmer entwickeln und von ihnen getragen werden. Ein Wiki sollte ein friedlicher Platz für Menschen sein, aber Konflikte sind viel spannender und locken neugieriges Publikum an. Ein Wiki will perfekte Inhalte, aber sie sollen gleichzeitig durch Unvollständigkeit zum Mitmachen einladen. Ein Wiki sollte wie eine Pflanze aus einem Samen wachsen, immer in Schönheit und Balance.

-- HelmutLeitner

Übersetzungungen des Originals: