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Ist Zeit Eine Illusion

Von Albert Einstein ist eine Äußerung bekannt, wonach die Zeit vielleicht nur eine wenn auch hartnäckige Illusion sei.

Darüber gibt es bereits eine umfangreiche Diskussion: Einfach "Einstein Zeit Illusion" googeln. Eine der Fundstellen, die sich um Allgemeinverständlichkeit bemüht, ohne allzu sehr ins Schwafeln zu kommen, ist das Focus-Magazin.

Nach Einsteins Spezieller Relativitätstheorie hat der Begriff der "Gleichzeitigkeit", und damit auch der Begriff des "gegenwärtigen Moments" / der "Gegenwart", keine absolute, weltweit einheitliche Bedeutung, sondern es hängt vom Bewegungszustand des Beobachters ab, ob er zwei Ereignisse als "gleichzeitig" registriert, während ein anderer Beobachter sie als nacheinander stattfindend wahrnimmt.

Dies steht im Widerspruch zu unserer normalen Anschauung, die uns ganz selbstverständlich vom "jetzigen Zustand" der Welt sprechen lässt. Dagegen kann man nach der Speziellen Relativitätstheorie nicht einmal Gott die Fähigkeit zusprechen, den "jetzigen Zustand" der Welt zu kennen, es sei denn, man schreibt ihm einen bestimmten Bewegungszustand im Weltall zu. Vgl. auch den Abschnitt IstGottEinHöheresWesen, wo erörtert wird, ob Gott eine Art Lebewesen ist, das mit uns "gleichzeitig", also in unserer Zeit lebt.

Die mangelnde weltweite Absolutheit des Zeitbegriffs ("jetziger Moment", "Gegenwart", "Gleichzeitigkeit") legt dann auch die unser ganzes Weltbild berührende Frage nahe, ob unser sicher geglaubter Eindruck, die Welt laufe zeitlich ab, vielleicht auch nur ein falscher Eindruck, also eine hartnäckige Illusion ist.

Die aktuelle theoretische Physik (Stringtheorie , M-Theorie) hat unsere alltägliche Vorstellung vom dreidimensionalen Raum, in dem wir leben, schon kräftig durcheinander geschüttelt: Man redet dort inzwischen von 10 oder 11 Raumdimensionen, von denen aber nur 3 Dimensionen "ausgedehnt" seien, während 7 oder 8 Dimensionen im subatomaren Bereich "aufgerollt" seien. Vielleicht müssen wir auch unsere gewöhnliche Vorstellung von der zeitlichen Dimension noch einmal grundlegend überdenken.

Auf der Ebene der Elementarteilchen beobachten wir ja genau genommen keine stabilen Objekte mehr, die sich auf irgendwelchen Bahnen durch Raum und Zeit bewegen, sondern nur noch Ereignisse, die in einer Verursachungsbeziehung zueinander stehen. Ein Ereignis kann endlich viele direkte Nachfolgeereignisse mitverursachen und durch endlich viele direkte Vorgängerereignisse verursacht werden, und entlang dieser Verursachungs-Pfeile zwischen den Elementarereignissen werden endlich viele Merkmale (elektrische Ladung, Spin, etc.) weitergegeben, für die bestimmte Erhaltungssätze gelten. Z.B. ist die Summe der in das Ereignis einfließenden Ladungen gleich der Summe der herausfließenden Ladungen.

So gesehen ist also die Welt ein Kausalnetz aus diskreten Ereignissen, und als Gott die Welt geschaffen hat, hat er also die Struktur dieses Kausalnetzes festgelegt.

Nach dieser Vorstellung hat er damit aber das gesamte Weltschicksal ("von Ewigkeit zu Ewigkeit") vollständig festgelegt. Er hat also nicht einen Anfangszustand aus allerlei Objekten geschaffen und dann den Weltablauf wie eine Maschine in Gang gesetzt, um dann zu beobachten, was passiert, sondern die Welt ist eigentlich ein vollständiges und ganz statisches "Weltschicksals-Gemälde", vergleichbar mit einer Filmrolle, auf der der gesamte Handlungsablauf eines Films fertig aufgezeichnet ist. Diese Filmrolle, dieses Weltschicksals-Gemälde existiert einfach nur, und wir selbst sind endliche, unvergängliche, "ewige" Bestandteile dieses Gemäldes. Aus der Sicht Gottes läuft die Welt also gar nicht zeitlich ab.

Unsere hartnäckige Illusion eines zeitlichen Ablaufs und eines gegenwärtigen Moments rührt einfach daher, dass wir nicht "von außen" auf dieses Kausalnetz schauen können, sondern mitten drin stecken. Unsere Lebensereignisse sind in diesen kausalen Gesamtzusammenhang unlöslich eingebettet. Wir kennen immer nur kausale Vorgängerereignisse. Die Zukunft ist für uns unsichtbar und enthüllt sich vor unseren Augen nur nach und nach, Ereignis für Ereignis. Diesen kausalen Zusammenhang zwischen den Ereignissen erleben wir als zeitliche Abfolge. Er ist aber in dem Weltschicksalsgemälde schon von vornherein genau so vorgesehen.

Das ist natürlich alles sehr spekulativ. Aber heutzutage werden dicke, hochspekulative Bücher über die Frage "Was war vor dem Urknall?" geschrieben (z.B. Brian Clegg: Vor dem Urknall). Da darf man sich auch einmal eine Spekulation erlauben, die unsere Sicht auf die Welt und unser Leben (und seine Endlichkeit) wesentlich beeinflussen könnte. Für mich hat die Vorstellung eines allein und vollständig von Gott bestimmten Weltschicksals etwas sehr entlastendes, zumal ich denke, dass wir uns mit unserem Leben angesichts schwerer Schicksalsschläge auf die Dauer nur mit einem entschiedenen "Dein Wille geschehe" abfinden können ohne zu zerbrechen. (Vgl. auch WillensfreiheitUndSinnDesLebens).

Der Gedanke, dass unser Schicksal nicht von uns selbst bestimmt wird, taucht übrigens auch schon in der Bibel auf: Jeremia 10:23.

 
© SinnWiki Community zuletzt geändert am March 9, 2013