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Konnte Gott Keine Bessere Welt Schaffen

Die Diskussion, ob Gott keine bessere Welt schaffen konnte, hat es schon im 17. und 18. Jahrhundert gegeben:

In schlimmen Momenten seines Lebens hat sich wohl jeder schon einmal gefragt: Konnte der allmächtige Gott keine bessere Welt schaffen, die nicht so von Tod, Schmerz, Leid und Enttäuschung erfüllt ist? Eine Welt wie das biblische Paradies, in der nur Friede, Freude und ewige Harmonie herrschen?

Warum sind die Menschen wirklich aus dem Paradies vertrieben worden? Doch nicht nur deshalb, weil sie nicht dumm und einfältig bleiben wollten, sondern nach Erkenntnis strebten, sich weiterentwickeln wollten und deshalb Früchte vom Baum der Erkenntnis gegessen haben?

Ein paradiesisches Genussleben ist nur möglich in einer Welt ohne Bedrohungen, ohne überraschend auftauchende Gefahren, in einer statischen Welt, in der immer alles beim Alten bleibt, in der es keine unangenehmen Überraschungen und umwälzenden Neuentwicklungen gibt.

Macht man sich dies erst einmal klar, so muss man sich dann doch fragen, ob wir wirklich in einer solchen statischen Paradies- oder Himmelswelt leben möchten, womöglich sogar für immer und ewig. Würde das nicht ganz schnell in eine quälende Kette von Wiederholungen ausarten, wo man bald alles schon einmal so ähnlich erlebt hätte?

Ja man muss sich sogar noch weiter fragen, ob eine solche Welt ohne unangenehme Überraschungen überhaupt denkbar ist, ob das nicht eine total stillstehende, ereignislose oder sich zumindest immer nur im Kreis drehende Wiederholungs-Welt sein müsste.

Im Unterschied dazu entwickelt sich unsere wirkliche Welt immer weiter, zumindest in ihrem jetzigen Stadium. Möglicherweise kollabiert sie ja irgendwann einmal wieder und es entsteht vielleicht ein neues Universum, wie manche der mannigfachen Urknalltheorien diskutieren. Siehe zum Beispiel

Die Evolution hat in unserer Welt eine atemberaubende Vielfalt von Lebensformen hervorgebracht, weshalb man annehmen muss, dass diese Fähigkeit zur Weiter- und Höherentwicklung schon von Grund auf in die Konstruktion unserer Welt eingepflanzt ist, dass sich also vielleicht sogar schon die Struktur der atomaren und subatomaren Welt evolutionär entwickelt hat.

Aber Evolution ist nicht zum Nulltarif zu haben: Die Entwicklung komplexer lebendiger Organismen erfordert, dass das Gute für das Bessere Platz machen muss, oder vielleicht auch nur für das Andere, für einen neuen Versuch. Das heißt:

Evolution erfordert den Tod von Organismen.

Ebenso zwangsläufig ist Evolution damit verbunden, dass die Organismen ihren Tod zu vermeiden streben: Evolution basiert auch auf einem alles beherrschenden Selbsterhaltungstrieb der Organismen, der Vorrang vor allen anderen Handlungsmotiven hat.

Im Interesse der Selbsterhaltung müssen Organismen drohende Gefahren erkennen, aber auch Chancen, die sie im Interesse der Selbsterhaltung nicht verpassen sollten, und sie müssen Gefahren und Chancen im Konfliktfall gegeneinander abwägen und entsprechende Prioritäten setzen. Gefahren und Chancen sind, wenn sie sich realisieren, mit unangenehmen oder sogar schmerzlichen, bzw. mit angenehmen oder sogar beglückenden Gefühlen verbunden, und diese Gefühle sind für den erwähnten Abwägungsprozess erforderlich:

In einer evolutionären Welt gibt es notwendigerweise neben Glück auch Tod, Schmerz, Scheitern und Unglück.

Wenn wir nicht in einer stillstehenden oder sich im Kreise drehenden Paradies- oder Himmelswelt leben wollen, müssen wir uns mit diesem zwiespältigen Charakter der Welt und der Endlichkeit unseres Daseins wohl abfinden.

Bleibt die Frage: Wie kann man sich damit abfinden?

Ich denke, die Antwort liegt auf vier Ebenen:

  1. In unserer Einstellung zu Gott,
  2. in unserer Einstellung zu unseren Mitmenschen und Mitkreaturen,
  3. in unserer Einstellung zum eigenen Ich, und
  4. in unserer Einstellung zum eigenen Tod.
Über meine Einstellung zu Gott habe ich mich in dem Abschnitt WillensfreiheitUndSinnDesLebens schon näher geäußert, über meine Einstellung zur Endlichkeit unseres Daseins in dem Abschnitt AngstVorDemTod.

Mitmensch und Mitkreatur

Da unser Leben endlich ist und alles, was wir darin geschaffen haben, irgendwann verschwunden, vergangen und vergessen sein wird, ja da unsere ganze Welt irgendwann untergangen und vergessen sein wird, ist es unrealistisch, die Sinnhaftigkeit unseres Daseins im Absoluten und Ewigen zu suchen. Wir können die Sinnhaftigkeit unseres Lebens nur im hier und jetzt finden, indem wir erkennen, dass wir mit unseren Mitmenschen und Mitkreaturen im gleichen Boot sitzen und der gleichen Ungewissheit und Unsicherheit ausgeliefert sind, wie sie.

Ich denke, dass wir Sinn nicht in Egoismus, Fanatismus und destruktiver Agression finden werden, sondern nur in Solidarität mit den Mitkreaturen, indem wir ihnen helfen, mit ihrem Leben so gut es geht zurecht zu kommen, und das, obwohl die Evolution uns in eine Welt des Fressens und Gefressenwerdens hineingezwungen hat. Dies zu überwinden ist ja vielleicht die größte Herausforderung und Aufgabe, vor die uns die künftige Weiterentwicklung der Menschheit stellt.

Diesen Solidaritätsgedanken äußert auch Albert Einstein in seinem Buch Mein Weltbild:

Wie ich die Welt sehe

Wie merkwürdig ist die Situation von uns Erdenkindern! Für einen kurzen Besuch ist jeder da. Er weiß nicht wofür, aber manchmal glaubt er, es zu fühlen. Vom Standpunkt des täglichen Lebens ohne tiefere Reflexion weiß man aber: man ist da für die anderen Menschen – zunächst für diejenigen, von deren Lächeln und Wohlsein das eigene Glück völlig abhängig ist, dann aber auch für die vielen Ungekannten, mit deren Schicksal uns ein Band des Mitfühlens verknüpft. Jeden Tag denke ich unzählige Male daran, daß mein äußeres und inneres Leben auf der Arbeit der jetzigen und der schon verstorbenen Menschen beruht, daß ich mich anstrengen muß, um zu geben im gleichen Ausmaß, wie ich empfangen habe und noch empfange. ...

Die Sinnhaftigkeit des eigenen Lebens kann man am intensivsten spüren, wenn Solidarität über sich hinauswächst und zu Liebe wird.

Ich bin sogar versucht zu sagen, dass der höchste Sinn des menschlichen Lebens darin liegt, zu lieben und geliebt zu werden.

Einen geliebten Menschen (oder auch ein geliebtes Tier) dürfen wir nicht im Stich lassen, und das verleiht unserem Leben den denkbar stärksten Sinn.

Um so mehr sind diejenigen Menschen zu bedauern (etwa 10% der Bevölkerung, also etwa 10 Millionen Menschen im deutschsprachigen Raum), die an "Gefühlsblindheit" ( Alexithymie) leiden. Denn sie können niemandem vertrauen, und erst recht niemanden lieben, da sie ja die Gefühle anderer Menschen und also auch deren Vertrauenswürdigkeit nicht auch nur einigermaßen sicher gefühlsmäßig einschätzen können, sondern eher jedem alles Schlimme zutrauen.

Sie bleiben oft unauffällig, denn sie können in vielen Fällen durchaus gut funktionierende kameradschaftliche Beziehungen aufbauen. Sie sind sich über ihre Gefühlsblindheit aber oft selbst zunächst nicht im Klaren, da sie ja nichts anderes kennen. Manchmal konstruieren sie sich mehr oder weniger abwegige Erklärungen (zum Beispiel "Schuld Anderer") für ihre gravierenden Beziehungsprobleme, deren tatsächliches Bestehen sie durchaus selbst schmerzlich erkennen: Auch sie möchten ja, wie jeder Mensch, lieben und geliebt werden.

Einstellung zum eigenen Ich

Diesem Thema habe ich wegen der besonderen Bedeutung einen eigenen Abschnitt gewidmet: MeditationUndÜberwindungDesIchs.


 
© SinnWiki Community zuletzt geändert am March 30, 2013