Das BücherWiki - Ein Treffpunkt für Bücherfreunde

Kropotkin Petr Alekseevic

Veränderung (letzte Änderung) (keine anderen Diffs, Normalansicht)

Verändert: 1c1,16
Beschreibe hier die neue Seite.
Petr Alekseevic Kropotkin – Fürst und Anarchist

Essay von Hanns-Martin Wietek


Fürst und Anarchist, dieser Widerspruch klingt schon seltsam genug. Aber Pëtr Alekseevič Kropotkin war noch mehr.

Er war – aus einem der ältesten Adelsge- schlechter Russlands stammend – Kammerpage seiner Majestät des Kaisers Alexander II., Offizier der Berittenen Amur-Kosaken in Sibirien, oro- und kartografischer Forscher in Sibirien und Finnland (dessen Erkenntnisse noch heute Gültigkeit besitzen) und als Wissenschaftler Sekretär einer Sektion der Russischen Geo- grafischen Gesellschaft (deren Gesamtvorsitz er ablehnte, da er sich entschlossen hatte, gesellschaftlich tätig zu werden), er war Reformer, er war Gefangener in der Peter-Pauls-Festung, er war Revolutionär, er war als Sozialist Theoretiker des Anarchismus und er war Schriftsteller.

Als Kammerpage folgte er dem Kaiser ein Jahr lang auf Schritt und Tritt, um persönliche Anordnungen entgegenzunehmen, und so lernte er das Leben bei Hofe aus allernächster Nähe kennen; als politischer Gefangener lebte er später auf Befehl desselben Kaisers im berüchtigten Kerker der Peter-Pauls-Festung, in dem schon viele große Männer vor ihm gefoltert und hingerichtet worden oder einfach verfault waren – und viele noch folgen würden. Nur durch eine waghalsige Flucht entging er ihrem Schicksal.

Als Offizier der Amur-Kosaken arbeitete er zu Beginn der Regierungszeit Alexanders II. an Reformen, die dann doch nicht umgesetzt wurden, und machte teils abenteuerliche Expeditionen durch Sibirien und die Mandschurei – später lernte er als Forscher die Einsamkeit des arktischen Winters in Sibirien, Schweden und Finnland kennen. Nach seiner Flucht aus dem Gefängnis in den Westen wurde er zum gefeierten Sozialisten – und Gegner von Karl Marx –, lernte aber auch die französischen Gefängnisse kennen. Nach der Februarrevolution 1917 wurde ihm, wenngleich Gegner Lenins, von den Massen in St. Petersburg ein triumphaler Empfang bereitet; sein Begräbnis am 8. Februar 1921 geriet gegen den Willen der Regierung zur letzten großen Massenkundgebung von Regimegegnern in der damals neuen Sowjetunion: Ein Meer von schwarzen Fahnen, die Fahnen der Anarchisten, ließen die roten ganz einfach untergehen, nahezu hunderttausend Menschen folgten dem Sarg.

* Zum Essay




OrdnerAutoren OrdnerRussland


Petr Alekseevic Kropotkin – Fürst und Anarchist
Essay von Hanns-Martin Wietek

Fürst und Anarchist, dieser Widerspruch klingt schon seltsam genug. Aber Pëtr Alekseevič Kropotkin war noch mehr.

Er war – aus einem der ältesten Adelsge- schlechter Russlands stammend – Kammerpage seiner Majestät des Kaisers Alexander II., Offizier der Berittenen Amur-Kosaken in Sibirien, oro- und kartografischer Forscher in Sibirien und Finnland (dessen Erkenntnisse noch heute Gültigkeit besitzen) und als Wissenschaftler Sekretär einer Sektion der Russischen Geo- grafischen Gesellschaft (deren Gesamtvorsitz er ablehnte, da er sich entschlossen hatte, gesellschaftlich tätig zu werden), er war Reformer, er war Gefangener in der Peter-Pauls-Festung, er war Revolutionär, er war als Sozialist Theoretiker des Anarchismus und er war Schriftsteller.

Als Kammerpage folgte er dem Kaiser ein Jahr lang auf Schritt und Tritt, um persönliche Anordnungen entgegenzunehmen, und so lernte er das Leben bei Hofe aus allernächster Nähe kennen; als politischer Gefangener lebte er später auf Befehl desselben Kaisers im berüchtigten Kerker der Peter-Pauls-Festung, in dem schon viele große Männer vor ihm gefoltert und hingerichtet worden oder einfach verfault waren – und viele noch folgen würden. Nur durch eine waghalsige Flucht entging er ihrem Schicksal.

Als Offizier der Amur-Kosaken arbeitete er zu Beginn der Regierungszeit Alexanders II. an Reformen, die dann doch nicht umgesetzt wurden, und machte teils abenteuerliche Expeditionen durch Sibirien und die Mandschurei – später lernte er als Forscher die Einsamkeit des arktischen Winters in Sibirien, Schweden und Finnland kennen. Nach seiner Flucht aus dem Gefängnis in den Westen wurde er zum gefeierten Sozialisten – und Gegner von Karl Marx –, lernte aber auch die französischen Gefängnisse kennen. Nach der Februarrevolution 1917 wurde ihm, wenngleich Gegner Lenins, von den Massen in St. Petersburg ein triumphaler Empfang bereitet; sein Begräbnis am 8. Februar 1921 geriet gegen den Willen der Regierung zur letzten großen Massenkundgebung von Regimegegnern in der damals neuen Sowjetunion: Ein Meer von schwarzen Fahnen, die Fahnen der Anarchisten, ließen die roten ganz einfach untergehen, nahezu hunderttausend Menschen folgten dem Sarg.


OrdnerAutoren OrdnerRussland

 
© BücherWiki Community bzw. die jeweiligen Autoren zuletzt geändert am 22. März 2011