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In Kuehlen Waldes Schatten

Diese Geschichten sind völlig frei erfunden, jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen, mit Ereignissen und Orten ist rein zufällig und nicht beabsichtigt.

In kühlen Waldes Schatten (Leseproben eines Buches) © 2006 HansLey, /Feedback)

Der Überfall

Er wusste nicht, wie es dazu gekommen war. Er hatte sie nicht kommen gesehen, zumindestens hatte er keine Erinnerung mehr daran. Die beiden jungen Männer, eigentlich noch Kinder waren einfach da. „ Geld, Geld “ und jetzt sah er das Messer in seiner Hand. Ein kleines zierliches Messer, ein Stilett, wie er das in Gangsterfilmen gesehen hatte. Das war die Situation vor der ihn alle gewarnt hatten, wenn er zu jeder Tageszeit und oft genug zu Nachtzeiten durch die gefährlichen Viertel der Stadt gelaufen war. Aber wie war das möglich, es war Samstagnachmittag und er befand sich im Viertel der reichen Leute dieser Stadt.

Wieviel Geld hatte er; kein Betrag für den es sich lohnte zu sterben. Doch er hasste es zu etwas gezwungen zu werden. Wie oft hatte er Probleme auf sich genommen, nur um einem kleinen lächerlichen Zwang zu entgehen. Und er entschied sich zu kämpfen. Erst jetzt merkte er, daß er blutete. Der Kleine musste wohl in dem Augenblick, der ersten Begegnung, die in seinem Gedächtnis so vollständig ausgelöscht war, zugestochen haben. Er fühlte keinen Schmerz. Er sah nur wie das Blut, sein Blut das Hemd durchtränkt und jetzt die Hose erreicht hatte. Die Angreifer abwehren und den Jungen daran hindern ein zweites Mal zuzustechen. Seine Hand mit dem Messer greifen oder in die empfindlichen Körperteile treten. Er trat zu und wusste nicht ob er getroffen hatte, doch die beiden rannten davon. „Ihr Schweine“ rief er noch, dann waren sie schon verschwunden. Er lief, das Blut strömte stärker und er ging langsam. Er spürte keinen Schmerz, keine Angst, aber sein Leben war in Gefahr. Wenn nichts geschah, musste er sterben. Er hatte vor einiger Zeit erlebt, wie ein junger Mann angeschossen auf der Strasse lag und wie lange es dauerte, bis eine Ambulanz kam. Ein Taxi und in das Krankenhaus fahren, dass nicht weit entfernt war. Aber es würde ihn kein Taxifahrer mitnehmen. Er hatte den Vorplatz einer kleinen Kirche erreicht. Nur wenige Menschen, festlich gekleidet und mit Blumen geschmückte Autos. Eine Hochzeit, er erinnerte sich, er hatte selbst in dieser Kirche geheiratet. Sie umstanden ihn ratlos, das Blut bildete eine Lache unter ihm. Er schaute zurück, sah den Weg und sah das Blut, das er verloren hatte.

Ein junger Mann sprach ihn an und führte in zu einer Mauer. „Setzen Sie sich.“ Er forderte ihn auf sein Hemd auszuziehen und half ihm dabei. Sind Sie ein Arzt?“ fragte L. „Nein, ein Feuerwehrmann.“ „Wie heissen Sie?“ „Rudolf.“ Ruhig und professionell stoppte Rudolf die Blutung. Die Hochzeitsmesse war zu Ende und eine unübersehbare Menge festlich gekleideter Menschen füllte nach und nach den Platz. L. fühlte sich unbehaglich, halbnackt und blutüberströmt. Es wurde ihm kalt und die Dunkelheit umlagerte ihn. Er wollte nicht ohnmächtig werden und er kämpfte dagegen an. Er erinnerte sich, er musste liegen. Nachdem er auf der Mauer lag, fühlte er sich besser und beobachtete, wie ein Mann versuchte, die Lachen seines koagulierten Blutes mit Wasser zu entfernen.

Die Polizei war eingetroffen und befragte ihn zum Geschehen und zu den Tätern. So sehr er sich auch mühte, er konnte sich nur an die Gesichter der beiden jungen Männer erinnern, keine Haarfarbe, keine Farbe der Kleidung, keine Merkmale, nichts. Nach einer Ewigkeit, die Sirene der Ambulanz. Im Krankenhaus stellte man fest, der Stich in der Schulter war mit einer Tiefe von 10 cm in den Arm gegangen und ausser dem Blutverlust, der durch eine Kochsalzlösung ausgeglichen wurde, war nichts geschehen. Tage später, als L. das Hemd untersuchte, das er getragen hatte, fand er die Einstichstelle im Hemd etwa 7 cm tiefer als die Wunde in seinem Körper. Die Stelle in seinem Hemd war exakt die Stelle, die ein Killer wählt, wenn er sein Opfer ins Herz treffen will.

......

Zufall

Ich hatte in der Stadt einiges zu erledigen und verliess gerade das Gebäude der Industrie- und Handelskammer, als Adrian mir wieder über den Weg lief. In diesem Tal lebten mehr als drei Millionen Menschen, weshalb gab es nur immer wieder solche unwahrscheinlichen Zufälle. Er hatte mich schon von weitem gesehen, kam zielstrebig auf mich zu und winkte. Es war unmöglich ihm jetzt noch auszuweichen und ich fügte mich in mein Schicksal. Er strahlte und heute erschien er mir nicht so alt und hinfällig, wie bei unserer letzten Begegnung. „Das ist aber eine Überraschung Fred, jetzt hast du keine Ausrede, jetzt werden wir ein Bier zusammen trinken.“ „Ich freue mich auch Adrian.“ Es war noch nicht einmal gelogen, denn ich freute mich wirklich ihn in einem viel besseren Zustand zu sehen. „Ich wohne ganz in der Nähe, wir können zu mir nach Haus gehen, ich habe genug Bier im Kühlschrank. Er wohnte nicht weit entfernt, in einem Haus, daß früher einmal eine sehr gute Adresse war, aber jetzt herunter gekommen war. Er hatte ein riesiges Appartement gemietet und einen Teil der Räume untervermietet, um die Rente die er von seinen Söhnen bekam etwas aufzubessern. Die Räume waren sehr gross und mit Möbeln vollgestellt. Es passte nichts zueinander und zusammen mit den kräftigen Farben und gewagten Farbkombinationen, wie sie einmal für kurze Zeit, vor mehr als dreissig Jahren modern gewesen waren entstand eine Dissonanz, die meine Augen schmerzte. Adrian klärte mich über seinen Antiquitätenhandel auf, den er als eine weitere Einnahmequelle betrieb. Wenn du schöne Möbel brauchst, alles hier ist käuflich. Die Möbel würden sehr gut zu Harrys Bildern passen, dachte ich gerade, als sich eine der Türen öffnete und eine attraktive, junge Frau mit einem eindeutigen Outfit, ihr Zimmer verliess. Wie hatte Adrian gesagt: „Alles hier ist käuflich!“ Adrian machte uns miteinander bekannt und sie erschien unsicher, wie sie sich mir gegenüber verhalten sollte, zog es dann aber vor ohne jeden Geschäftsanbahnungsversuch das Appartement zu verlassen.

Adrian, hatte inzwischen das Bier aus dem Kühlschrank geholt, es hatte die perfekte Temperatur und die Tapas, die er zum Bier servierte , schmeckten köstlich. Adrian war immer ein Lebemann und Gourmet gewesen und ein Feinschmecker war er geblieben. Wir sprachen über gemeinsame Bekannte, als sich die Wohnungstüre öffnete und eine attraktive junge Frau erschien. „Sie kam zu uns an den Tisch. „Darf ich dich mit meiner lieben Freundin Petra bekannt machen. Petra, das ist mein lieber Freund Fred.“ Wir standen beide auf und küssten Petra, die sich zu uns setzte. Adrian holte ihr auch ein Glas und schenkte ein. Petra und Adrian hatten eine Zeit zusammen gelebt, sich aber dann getrennt. Jetzt war sie zusammen mit ihren beiden Kindern bei ihm als Gast und sie lebten seit einigen Wochen, in einem der vielen Zimmer. Der Gastgeber hatte einen guten Tag, er war geistreich und charmant, fast so wie früher, als er der Partylöwe der Stadt war. Nichts erinnerte an das menschliche Wrack, das mir vor Monaten über den Weg gelaufen war. Ich schaute auf die Uhr, es war bereits 10:30, die Zeit war so schnell vergangen und ich hatte den Abend wirklich genossen. Wir hatten sehr viel getrunken und ich würde besser den Wagen im Parkhaus stehen lassen und mit einem Taxi nach Hause fahren. Ich stand auf. „Es war ein sehr schöner Abend mit euch, aber jetzt muß ich leider nach Hause, morgen ist ein anstrengender Tag für mich.“ Petra und Adrian brachten mich zur Türe, ich küsste Petra und reichte Adrian die Hand. Ich fühlte Sympathie für ihn und umarmte ihn. Er war auch gerührt und erwiderte meine Umarmung, doch plötzlich merkte ich, wie er kraftlos wurde und ich konnte nur unter großer Anstrengung verhindern, daß er zu Boden stürzte. Er verdrehte die Augen, Petra half mir sofort und gemeinsam legten wir ihn vorsichtig auf den Boden. „Er hat große Probleme mit dem Herzen, wir müssen sofort einen Notarzt anrufen.“ sagte Petra. Es war nicht das erste Mal, Adrian hatte schon zweimal einen Herzinfarkt gehabt, eine Bypass-Operation hatte eine Zeitlang seine Situation stabilisiert, aber seine Probleme nicht behoben. Das Krankenhaus war ganz in der Nähe und in fünf Minuten traf der Notarzt ein und wenige Minuten später hörten wir auch das Signal des Krankenwagens. Es ging alles ungeheuer schnell und professionell und Adrian war auf dem Weg ins Krankenhaus. Ich hatte angenommen Petra wollte Adrian ins Krankenhaus begleiten, aber sie sagte nur: “Wozu, er ist in guten Händen, er ist nicht bei Bewusstsein, ich kann nichts für ihn tun, als in seiner Nähe sein. Und ich will ehrlich sein, heute habe ich nicht mehr die Kraft dazu“ und sie begann zu weinen.

Sie hatte den Tag bei ihren Verwandten verbracht, eine Tante, eine Schwester ihrer Mutter war ermordet worden, jemand hatte ihr mit einem Messer die Kehle durchgeschnitten. Petra erzählte mir ihre Lebensgeschichte. Auch ihr Leben, war so wie mein Leben und das Leben Adrians mit dem Geschäft verbunden gewesen. Doch im Gegensatz zu mir und Adrian war sie immer nur Opfer gewesen. Sie wusste nicht, weshalb man ihre Tante ermordet hatte, wahrscheinlich war es ein normaler Raubüberfall. Auch Petras Mutter und ihr Bruder waren ermordet worden, doch in beiden Fällen waren die Gründe eindeutig. Die Mutter kam aus einer sehr armen Familie und sie hatte so wie viele, sich für ein besseres Leben entschieden. Sie war der Armut entflohen und hatte sich in der Organisation nach oben gearbeitet. Doch irgendwann hatte sie einen kleinen unverzeihlichen Fehler gemacht und dieser Fehler brachte ihr den Tod. Dem Bruder war es ähnlich ergangen, er hatte im Ausland gelebt und war dort ermordet worden. Die Mutter hatte Petra ein großes Vermögen hinterlassen und sie hatte einige Jahre mit ihrem Mann und den Kindern gut gelebt. Aber dieses Geld war wie verflucht und sie hatte alles verloren, nichts war ihr geblieben und irgendwann hatte sie verstanden, es war der einzigste Weg ihre Seele und die ihrer Kinder zu retten und sie war Gott dankbar dafür. Mit dem Geld war auch ihr Mann verschwunden und jetzt hatte sie auch ihre Wohnung mit den letzten Möbeln verloren. Wenn Adrian sie nicht aufgenommen hätte, so wusste sie nicht, wo sie und ihre Kinder schlafen sollten. Die Situation in dieser Wohnung mit den Frauen, an die Adrian Zimmer vermietete, war unerträglich für sie. Die Kinder sahen und hörten Dinge, die für ihr junges Gemüt verderblich waren und sie fühlte sich schuldig dafür. Heute waren sie von Freunden eingeladen und verbrachten die Nacht dort. Die Tränen traten ihr wieder in die Augen, ich nahm sie in den Arm und nun weinte sie ohne alle Hemmungen.

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© BücherWiki Community bzw. die jeweiligen Autoren zuletzt geändert am November 9, 2006